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Die Lochkamerafotografie ist wieder schwer im Kommen – Peter Olpe im Interview zum 14. Lochkamera-Fotografietag (3/3)

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Out of Focus – Lochkameras und ihre Bilder, das Buch von Peter Olpe

Out of Focus – Lochkameras und ihre Bilder, das Buch von Peter Olpe

Das ist der dritte und letzte Teil des Exklusiv-Interviews mit dem Schweizer Lochkamerakonstukteur und -Fotografen Peter Olpe. Lese Teil 1 und Teil 2.

Hier geht es um die Kreativität des Benetton-Fotografen Oliviero Toscani und das gefundene Bild in der Kamera von Alec Soth, zwei der berühmtesten Fotografen, die an Peter Olpes Projekt «Out of Focus» teilnahmen.

Weiter mit dem Interview mit Peter Olpe:

Welche Qualitäten im Blick für Motive bringen Spitzenfotografen wie Oliviero Toscani oder Alec Soth mit, die sich dann auch in ihren Lochkamerafotos zeigen?

Ich denke, bei den Fotografen, die sich bei der Tauschaktion für mein Buch «Out of Focus» auf die Lochkamera eingelassen haben, stand die Lust im Vordergrund, mit diesem archaischen Apparat zu fotografieren. Es gab aber auch unter ihnen einige ausgewiesene Lochkamerakünstler, und ihre Motivation war sicher eine andere.

Um auf die beiden genannten Personen kurz einzugehen: mit Oliviero Toscani war es sehr einfach. Wir telefonierten zweimal, tauschten Mails und die Sache war erledigt. Er hat ein Studio mit Mitarbeitern in der Nähe von Pisa und das Tauschgeschäft war wahrscheinlich ein ziemlich kleines Geschäft für ihn. Ich sehe in den Portraits, die er für mich gemacht hat, das für seine Arbeit typische serielle Vorgehen. Er ist gewohnt seine Motive auf ihre Zeichenhaftigkeit hin zu untersuchen. Er ist konzeptionell sehr stark und in der Umsetzung nahe am Material. Vielleicht klingt hier noch seine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Zürich nach. Er hat die besondere Charakteristik der Lochkamera genutzt, ihre totale Tiefenschärfe und Papierabzüge reproduziert, die er vor der Kamera in alle möglichen Richtungen verdrehte und verbog.

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Fotos: Oliviero Toscani, zur Verfügung gestellt vom Niggli Verlag

Mit Alec Soth war es etwas schwieriger. Sein Bild ist wahrscheinlich einem Missverständnis zuzuschreiben und nicht Frucht konzeptueller Überlegungen wie bei Toscani. Soth ist ein Dokumentarist, geht den Lebensläufen von meist etwas randständigen Menschen in seiner Heimat Minnesota nach. Seine Bilderstrecken sind Recherchen über diese Personen und die Orte wo sie leben. Über seinen Berliner Galeristen hatte ich ihn kontaktiert. Nachdem er sich spontan am Telefon einverstanden erklärt hatte, zog sich die Sache über Monate hin, bis zu dem Punkt, dass er aufgab, er habe definitiv keine Zeit, liess er mich wissen. Es gab eine Rückgabeklausel, wenn also nichts daraus wurde, konnte man mir die Kamera zurückschicken und alles war vergessen. Also schickte Alec Soth die Kamera zurück. Ich fand in der Kamera einen Film mit drei Belichtungen. Eines der Bilder war interessant und zeigte einen geheimnisvollen Ort mit einem Raubtier auf einem Hügel in einer Halle mit künstlicher Beleuchtung. Natürlich fragte ich ihn, ob ich das Bild, das er ganz offensichtlich vergessen hatte, ins Buch aufnehmen darf, er war einverstanden, hat aber nie eine Erklärung abgegeben um welchen Ort es sich handelt oder unter welchen Umständen das Bild zustande gekommen ist. Also weiss ich über seine Motivation nichts zu sagen. Die Kamera habe ich ihm natürlich wieder zurückgeschickt.

Es scheint, als verewigen Sie in Ihrem Buch «Out of Focus» Ihr Lebenswerk. Wie ist heute ihr Gefühl zum Buch und wie es angenommen und mit Preisen ausgezeichnet wurde?

Ja, es war schön für mich, meine Lochkamerageschichte mit einer Ausstellung und dem Buch «Out of Focus» abschliessen zu können. Das Buch ist der Ausstellungskatalog meiner Schau im Kameramuseum Vevey von 2012. Ich hatte dem Museum etwas mehr als 90 selbstgebaute Kameras geschenkt, die über einen Zeitraum von etwa dreissig Jahren entstanden sind. Dafür organisierten Pascale Bonnard und Jean-Marc Yersin, Direktorin und Direktor des Museums, die Finanzierung des Buches und der Ausstellung. Alles ging wunderbar auf, auch das Tauschprojekt mit den Fotografen und Künstlern, die mit ihren Bildern die erste Hälfte des Buches bestreiten.

Zu dem Zeitpunkt, als ich die Arbeiten für Buch und Ausstellung aufnahm, hatte ich seit fast zehn Jahren nichts mehr auf diesem Gebiet gemacht. Und die Zeit, als ich Bastelsets für Lochkameras aus vorgestanzten Wellpappebestandteilen verkaufte, lag auch schon weit zurück. Es war also eine zeitlich befristete Reanimation.

Jetzt ist es wieder ruhig, und die Lochkamerafotografie schläft bei mir, nur gelegentlich wird sie wieder lebendig, wenn ich einen Workshop in einer Schule mache oder auf speziellen Wunsch eine einzelne Kamera baue.

Was berührt Sie heute noch, wenn Sie sich Lochkemarafotografien etwa in der Galerie auf pinholeday.org ansehen?

Schön, wenn es weiterhin Lochkamerafotografinnen und –fotografen gibt, die ihre Apparate selbst bauen, mit ihrem Herzschlag die Belichtunsgzeit zählen und aufgeregt in die Dunkelkammer verschwinden, um beim Entstehen des Bildes im Entwickler dabei zu sein. Oft wenn ich jemandem begegne, der von meiner Lochkameravergangenheit weiss, höre ich die Beteuerung, dass gerade jetzt die Lochkamerafotografie wieder schwer im Kommen sei. Das freut mich natürlich, auch wenn mir auffällt, dass sich dieses «Jetzt» in gewissen zeitlichen Abständen wiederholt. Wenn sie gerade im Kommen ist, denke ich dann, wird sie nicht gerade am Verschwinden sein, und zum Glück ist mir noch nie jemand begegnet, der mich auf ihr Verschwinden hingewiesen hätte.

Machen Sie am 27. April, am 14. weltweiten Lochkameratag, auch eine Aufnahme mit einer Lochkamera?

Mal sehen, es könnte sein eher nicht, aber vielleicht doch …

Ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Peter Olpe für seine Antworten. Ich fand seine Schilderung aus seiner Erfahrung lehrreich, unterhaltsam und sehr sympathisch.

#olpezitat

Welches ist dein Lieblingszitat von Peter Olpe im Interview? Ich finde, es hat ein paar schöne Sätze, die man sich merken kann und die sich gut zum Twittern eignen. Es wäre doch eine schöne kleine Twitteraktion, wenn alle ihr Lieblingszitat mit dem Hashtag #olpezitat twittern. Lasst uns mal sehen, was dabei raus kommt.


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